Dienstag, 28. Mai 2013

Das "Große Charkah"-Projekt: Was zur Hölle ist ein Charkah?

Spinnräder sind Herdentiere. Das ist eine Weisheit, die jeder (Woll- oder was-auch-immer-für-eine-Faser-) Spinner kennt und meistens auch beherzigt. Es gibt nur wenige, die ausschließlich eine Spindel oder ein Spinnrad besitzen, wenn sie es sich leisten können.
Da ich bereits ein Spinnrad besitze und ein zweites, das leider nicht spinnfähig ist, schreit es förmlich danach, ein weiteres hinzuzufügen. Nun, ein Spinnrad zu kaufen, kann ich mir nicht leisten. Die Handarbeit, die dahintersteckt, will bezahlt sein und dementsprechend kosten gute Spinnräder dann auch mal mehr, als ich als Monatsbudget zur Verfügung habe.


Historisch gesehen gibt es in gewissen Zeitaltern darüber hinaus keine Spinnräder. Es heißt, Leonardo da Vinci sei der Erfinder des Flügelspinnrades (das, was jeder so als Dornröschenrad kennt ;) ). Spinnräder, vielleicht aber auch Spulräder (zu dem Unterschied gleich), seien sogar im Mittelalter verboten worden. Die Qualität des Gesponnenen scheint im Vergleich zu dem, was auf einer Handspindel produziert werden konnte, nicht ausreichend gewesen zu sein. Man vermutet allerdings auch, dass es vielleicht einfach zu schnell ging.
Also ist ein Auftritt mit einem klassischen Dornröschenrad auf einem Mittelaltermarkt ein absolutes No-Go. Aber es bleiben die Spulräder.

Spulenräder unterscheiden sich in einem großen Punkt von Spinnrädern:
Sie vereinen Aufwickeln des fertigen Fadens und das Verdrillen der Wollfasern nicht. Bei einem Spinnrad wird gleichzeitig gewickelt und verdreht. Außerdem besitzen viele Spinnräder einen Fußantrieb. Die Technik, die dahintersteckt ist simpel, aber dennoch relativ tüftelig. Das bekommt man spätestens dann mit, wenn man versucht, die Teile aufeinander abzustimmen.
Aber Spulräder sind einfacher "gestrickt", denn sie haben nur wenige Komponenten, die zusammenarbeiten müssen.

In Indien wurde ein bestimmtes Spulrad bekannter, auch wenn es von den meisten als Spinnrad identifiziert wird: Das Charkah von Mahatma Gandhi. (Mehr zum Thema Mahatma Gandhi kann man bei Wikipedia lesen: Artikel zu Gadhi; und ein Charkah-Bild, auch bei Wikipedia: Bild eines Charkah-Rades )
Dieses Spul- oder Spindelrad wird üblicherweise per Hand betrieben und besteht meistens aus einem "Rad", einer Spindel und einem Gestell. Vielleicht noch einer Kurbel und einer zusätzlichen Übersetzung. Mehr nicht - die Sache ist ziemlich profan und einfach gestaltet. Das Rad besteht im großen und ganzen aus ein paar Holzleisten, die Führung des Antriebs ist meistens aus Bändern gewickelt. Für eine Europäer wirkt das Ganze dann doch recht schmucklos. Aber es ist zweckmäßig und genau darauf kam es mir an.

Denn Zweckmäßigkeit, insbesondere in dieser Form, macht es in meinen Augen nämlich sogar möglich, es transportfähig zu halten. Traditionelle Spinnräder haben hierbei enorme Nachteile. Da das Holz arbeitet und es damit wetterempfindlich ist, muss man auf die traditionellen Spinnräder aufpassen wie auf rohe Eier. Die gedrechselten Teile sind ebenso empfindlich wie die Lacke und Metallteile der Räder. Sie sind nicht dafür gedacht, auf Reisen zu gehen und die meisten danken die Behandlung unterwegs dann durchaus mal. Mein kleines Spinnrad hat nach der letzten Reise ein Bein verloren. Glücklicherweise ließ sich dieser Schaden mit etwas Holzkleber beheben, aber es machte deutlich, dass eine andere Lösung hermusste.

So entstand der Plan eines faltbaren Charkah's.
Leisten gibt es im Baumarkt. Das gleiche gilt für Rundstäbe, die als Achse herhalten könnten. Dazu ein Gestell, eine gebastelte Spulvorrichtung - und dann läuft die Sache auch schon.

Als erstes aber brauchen wir eine Konstruktionsskizze. Und die - kommt in Kürze hier :)

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