Sonntag, 20. Januar 2013

Niedergang mit Elan

Gleich zu Beginn des Jahres fallen einem schwerwiegende Themen auf die Füße.
Ich tue mich schwer damit bei dieser Sache keinerlei Mitleid zu empfinden, aber im Rückblick ist es ebenso schwierig, auch nur im Ansatz nicht den Kopf zu schütteln und die Sache sein zu lassen.

Da geht ein junger Mann hin und pflegt ein Bündel an Schulden und Verpflichtungen als sei es ein geliebtes Kind. Man muss sich nicht einen Idioten oder Dumpfkopf vorstellen – stattdessen haben wir einen jungen Zocker, der durchaus mit Intelligenz und Kreativität vorging.

Was wir miterlebten, war, wie er in seiner WG hinausgeworfen wurde. Gründe unter anderem: Drei Monatsmieten waren offen, das Zimmer muss ausgesehen haben wie ein Saustall, Kakerlaken inklusive. Nicht zuletzt hieß es, er habe sich durch die dortige Küche gefressen. Auch die Renovierung, die durch die gelblichen Wände in dem mit Rauchverbot belegten Zimmer nötig wurde, war ein Grund mehr ihn des Hauses zu verweisen.
Dazu kamen ein verschlepptes Studium, die folgerichtige Exmatrikulation und die damit fällige Rückforderung des BaFöG. Als er zum Jahreswechsel bei Freunden und Bekannten betteln ging, lag der bei uns geforderte Beitrag bereits bei einhundert Euro (von angeblich um vierhundert) - ohne Verhandlungsbasis.
Doch inzwischen wollte ihm keiner mehr etwas borgen.

Im ersten Moment klingen solche Vorwürfe ein wenig nach der Hetze, die seit Jahrhunderten gegen ungeliebte Volksgruppen vorgenommen wird. Ihr wisst schon, Kinderfresser und Ritualmörder – funktioniert immer gut, um jemanden in Verruf zu bringen, immerhin wird es über kurz oder lang immer jemanden geben, der es glaubt.

Doch der betroffene „Sünder“ hat auch meine Küche leer gefressen. Es ist erstaunlich, was in eine einzige Person hineinpasst. Als „guter Gastgeber“ schaut man sich das Ganze eine Weile an und muss dann einsehen, dass es für das Haushaltsbudget gesünder ist, denjenigen hinauszuwerfen. Zu diesem Zeitpunkt hatte er ja durchaus noch eine Wohnung.
Der Ratschlag, zum Amt zu gehen, wurde mit Beleidigungen beantwortet. Auch ich habe Zeiten der Not erlebt und bin auch heute noch nicht mit einem umfassenden Haushaltsbudget gesegnet, doch für ein Dach über dem Kopf und Futter in der Schüssel muss man sich bemühen und tut es irgendwann auch gern um etwas zu ändern.

Und, was wir erlebten, war, dass er nun wieder in einer Notlage ist.
Nach einer mehr als einjährigen Notunterbringung bei einem Freund (geplant für ein halbes Jahr), steht der junge Mann wohl wieder auf der Straße. Der unterbringende Freund jedoch sprach davon, dass nun eine Gesamtreinigung notwendig ist.
Endabmeldung: „Keine Ahnung, wann ich wieder online bin.“

Ist denn einziger Lebenszweck Internet, Rauchen und Spielen?
Wenn ja: Dann ist wohl eine Weile Entzug gar nicht so schlecht.
Ich wünsche es niemanden auf der Straße zu leben, insbesondere nicht im Winter. Aber ein bisschen Not, das Unten-Ankommen, kann hoffentlich ein wenig Realitätssinn in diesen jungen Mann bringen.

Und ich glaube, die Tür schlägt wieder zu, sollte er jemals hier stehen und übernachten wollen.

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