Eine Diskussion um Soldaten und deren Image hat mich mal wieder aufhorchen lassen. Den Artikel findet man in der Zeit: http://www.zeit.de/2013/48/soldaten-deutschland/
Nun habe ich auch einige "alte" Wehrpflichtler im Bekanntenkreis. Die meisten davon sind über die Jahre wieder ins Zivildasein gewechselt, aber die Karrieren und Erfahrungen spiegeln sich dennoch in den Gesprächen wider. Wer sich traut, über die Bundi-Stories hinaus nachzufragen und sich erzählen zu lassen, bekommt einige Dinge geschildert, die ein gutes Bild vermitteln, finde ich.
Der Tenor der "Außenstehenden" ist üblicherweise:
Die werden für's Töten bezahlt.
Kriege sind Vergangenheit, stattdessen gehen sie für andere Staaten ihren Hintern hinhalten.
Sind doch eh nur dummtreue Patrioten.
Ähm...?
Man möge mich dafür steinigen, aber tatsächlich habe ich Respekt vor den Soldaten und Wehrdienstleistenden. Vor wem ich keinen Respekt habe: Unsere Regierung, die zulässt, dass sie eben gerade die Kriege anderer Leute kämpfen. Dass sie ihren Hintern für Dinge riskieren, die nicht mehr als Investitionen oder sogar nur Spekulationen ist.
Denn nach allem, was ich erfahren habe, ist es eben genau zu vermeiden, dass Menschen getötet werden. Darum werden Kämpfer ausgebildet, die ihren Hintern riskieren, im Idealfall lebend und unverletzt zurückkehren und damit die Zivilisten schützen.
Opfer wird es immer geben, gerade in modernen Waffengefechten. Solange Bomben fallen können, wird es immer Zivilisten erwischen. Und ich werde beten, dass wir es nicht doch irgendwann mal sind, denen genau das passiert.
Kriege sind eben genau nicht Vergangenheit. Auf der Welt möge es aktuell keine Weltkriege geben oder offensichtliche, große Schlachten. Die Kämpfe, die trotzdem stattfinden, kosten vermutlich aber mehr Menschenleben als es eine offene Schlacht täte.
Die Worte Krieg und Vaterland sind inzwischen Vokabeln aus Ethik-, Geschichts- und vielleicht noch Geografie-Unterricht. Ach ja, und Krieg in Form der Bürgerkriege aus den Nachrichten. Wir wissen nicht mehr, was Krieg bedeutet. Zumindest nicht wir Deutsche, die Zeit unseres Lebens im gemütlichen Deutschland sitzen und hoffen, dass es noch eine Weile so bleibt. Man hat uns meines Erachtens ausgeredet, dass wir ein Land sind, dass Widerstand kennt und leisten kann. Sei es auf rein geistiger Ebene oder sogar noch auf wesentlich körperlicherer.
Und da sind wir auch schon bei den Patrioten.
Ich sehe mich keineswegs als "Rechte" genauso wenig wie als "Linke". Die Politik unseres Vaterlandes (und ja, richtig, ich schreibe hier Vaterland!), aber auch Mutterlandes hat uns die Schwierigkeiten eingebrockt. Die Rechtslage ist ebenso wie die Wirtschaftslage nicht nur im Hinblick auf verschiedene Armutsprobleme mangelhaft. Euro, Bankenpolitik, Zahlungen an armutsgefährdete Länder, seltsam ungerechte Steuern, Überwachungsproblematik, ... - die Aufzählung ginge ins Unendliche.
Die Masse dieser "dummtreuen" Patrioten hat sich mir als interessant intelligente Menschen vorgestellt. Sie haben sehr genau gewusst, warum sie den Wehrdienst angetreten haben. Ganz im Gegensatz zu mir waren sie davon überzeugt, dass es hier mit Deutschland etwas zu verteidigen gibt. Und auch im Ausland zu vertreten.
Sie wussten sehr genau, wofür sie ihren Hintern riskieren wollen und hätten es auch mit aller Konsequenz getan, wenn sie es müssten. Bzw. würden sie es heute noch tun, würden sie zurückgerufen.
Das bedeutet nichts mehr, als unter gewaltigen Druck seinen Hintern zu riskieren. Und zu wissen, dass es jederzeit passieren kann, dass man in eine gefährlichere Region befohlen werden kann.
Und davor - ehrlich - habe ich Respekt.
Die paar Erfahrungen, die ich in seltenen Momenten auf dem Larp-Schlachtfeld gesammelt habe, waren furchterregend genug, um zu wissen, dass man dort in den seltensten Fällen freiwillig und mit Spaß hinginge - wenn es tatsächlich um die eigene Haut ginge.
Dieser rare Moment, in dem einen weich in den Knien wird, weil man die Situation der Spielrealität mit einem plötzlichen Blick realisiert. Wo einem das Adrenalin ins Hirn schießt und man nur noch flüchten will. Oder kämpfen, damit es vorbei ist. Kein Nachdenken mehr.
Ich behaupte nicht, dass ich weiß, welchen Schrecken Krieg bedeutet. Aber ich behaupte, ich hatte in diesen Sekunden jeweils einen guten Vorgeschmack darauf. Und ich beneide niemanden, der das in real mitmacht.
Mag sein, dass das ein paar sehr wenigen Leuten Begeisterung bringt. Das sind allerdings in meinen Augen entweder diejenigen, die wahrscheinlich tatsächlich für's Töten bzw. für die Berufung dazu bezahlt werden. - Und bei denen bin ich froh, dass diese paar wenigen dort draußen ihrer Berufung nachgehen. - Oder es sind diejenigen, die Menschenleben gerettet haben und für jedes weitere dankbar sind, sich selbst und ihren Kameraden.
Ich kann mir auch gut vorstellen, dass man nach ein paar Gefechten langsam dem gegenüber abstumpft. Nicht mehr darüber nachdenken will, was dort eigentlich passiert. Man möge mir diese schreckliche Meinung verzeihen.
Ich schäme mich, zuzugeben, dass ich Soldaten, z.B.im Zug oder im Bus meide. Aber ich gebe genauso zu: Ich weiß nicht, wie ich einen solchen Menschen ansprechen soll.
Vermutlich wie jeden: Mit Respekt vor dem, was er denkt und ist.
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